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Serious Game Spotlight - Niche


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Jasmin Widmer

Dies ist der dritte Beitrag der Serie Serious Games Spotlight, wo wir Spiele anderer Entwickler:innen vorstellen. Dies soll die Vielfalt von Serious Games und ihren Anwendungen aufzeigen. Der letzte Eintrag war zu The Counting Kingdom und befindet sich hier.

Disclaimer: Wir kennen die Entwickler:innen von Niche persönlich, das hat jedoch keinen Einfluss auf das Review.

Überblick

Niche ist ein süsses Strategiespiel zum Thema Populationsgenetik von Stray Fawn Studio aus Zürich.
Man züchtet eine eigene Tierspezies, die Nichelings, welche auf einer Inselwelt überleben muss.
Ziel des Spiel ist es, die Population gegen Hunger, Krankheiten, Raubtiere und Klimawandel zu schützen, sodass sie so lange wie möglich überlebt. Dies erreicht man durch das strategische Planen und Anwenden von Genetik Prinzipien und Ressourcenmanagement.

Spiel

Man beginnt mit einem einzigen Tier auf einer zufällig generierten Insel mit verschiedenen, sechseckigen Feldern. Ziel im Story Modus ist es, das Starttier oder seine Nachfahren mit der Familie auf der Heiminsel zu vereinen. Daneben gibt es noch einen Sandkasten Modus, wo man die Starttiere, Umgebung und viele weitere Parameter selber einstellen kann.

Verschiedene Inseln, auf denen sich die Nichelings sich aufhalten können.
Verschiedene Inseln, auf denen sich die Nichelings sich aufhalten können.

Ein ausgewachsenes Tier kann drei Züge pro Spiel-Tag machen, wie sich auf ein anderes Feld bewegen, Ressourcen sammeln oder mit anderen Tieren interagieren. Das Spiel ist rundenbasiert, das heisst man hat für jeden Zug so viel Zeit zum nachdenken und planen wie man braucht. Nachdem man alle gewünschten Aktionen ausgeführt hat, kann man den Tag beenden. In der Nacht wird gesammeltes Futter nach Anzahl Tieren verbraucht, Raubtiere können angreifen oder alte Tiere werden sterben. Danach beginnt ein neuer Tag und jedes Tier im Rudel hat wieder alle seine Züge zur Verfügung.
Das Rudel vergrössert sich, indem man wandernde Tiere findet und sie ins Rudel einlädt, sowie zwei Tiere miteinander paaren lässt. Hier kommen die Prinzipien der Genetik ins Spiel:

Ausschnitt des Gen GUI's
Ausschnitt des Gen GUI's

Die Tiere haben einen grossen Pool an möglichen Eigenschaften, welche Einfluss auf ihre Fähigkeiten im Spiel haben.
Zum Beispiel bei den Pfoteneigenschaften führt das Gen für Geschickte Pfote dazu, dass ein Tier mehr Futter pro Zug sammeln kann. Schnelle Beine dagegen lässt das Tier über mehr Felder ziehen pro Zug. Deformierte Pfote hat dafür keine Auswirkungen auf die Fähigkeiten des Tieres.
Jedes Tier erhält zwei Gene, jeweils eines der Mutter und eines des Vaters. Gene können dominant, rezessiv, oder kodominant sein, was heisst dass nur eines oder zwei davon aktiv sind. Dies hat auch Auswirkungen auf die Vererbung. Entsprechend kann man selektiv Tiere mit gewünschten Genen paaren. Wandernde Tiere und Genmutationen bringen neue Varianzen in die Population. Strategisch klug ist es deshalb, gesunde Tiere zu züchten mit unterschiedlichen Genen, um Inzest zu verhindern, sowie mit den spezifischen Fähigkeiten, welche der Population einen Vorteil fürs Überleben bringen.

Geräteanforderungen

Zu kaufen findet man Niche auf Steam, Humble und GoG. Das Spiel läuft auf allen gängigen Windows, Apple und Linux Geräten. Es braucht Maus und Tastatur als Eingabegeräte. Es wird in naher Zukunft eine Portierung auf Nintendo Switch geben und für Android und iOS Geräte ist eine spezielle mobile Version geplant. Diese ist aber noch lange nicht erhältlich.
Das Spiel bietet keinen Multiplayer und benötigt keine Internetverbindung. Nach einer einfachen und schnellen Installation kann man sofort ein Spiel starten. Man hat von Anfang an die Möglichkeit, ein Sandbox-Spiel mit eigenen Einstellungen oder ein Story-Spiel mit Tutorial zu starten.

Nutzen des Spiels

Der Einstieg ins Spiel ist relativ einfach. Das Meistern der Genmechanik ist jedoch aufgrund der vielen Gene sehr komplex und über das Grundprinzip hinaus nicht weiter erklärt. Das wirkt durchaus beabsichtigt: Man merkt einerseits deutlich, dass das Spiel in erster Linie an Permadeath-Survival-Game Spieler:innenn gerichtet ist. Wie in anderen kommerziellen Survival Spielen muss man selber experimentieren und herausfinden, wie man überleben soll, und welches Ziel man verfolgen möchte.
Andererseits muss man sich intensiv mit der Genmechanik auseinandersetzen, da dies der zentrale Punkt der Spielmechanik ist. Nur wer die Prinzipien der Genetik versteht und passend die Strategien richtig anwenden kann, wird das Spiel meistern und hat somit das Lernziel erreicht. Dies macht meiner Meinung nach Niche zu einem guten Beispiel, wie man Gamification richtig umsetzt.

Niche ist kostenlos für Schulen. Ungefähr 300 Lehrpersonen haben sich bei Stray Fawn Studio schon gemeldet und setzen es im Unterricht ein. Arbeitsblätter und andere Ressourcen für den Unterricht dazu gibt es zwar bis auf das von Spieler:innen geführte Wiki nicht.

Die Offenheit des Spielziels kann eine Hürde für den Unterricht darstellen. Schüler:innen, welche sich nicht durch die Survival Mechaniken motivieren lassen, wird vom Spiel allein wenig Grund geboten, warum sie genau ihre Population lange am Leben erhalten sollen. Es fehlt an konkreten Zielen. Aufgaben, welche Lehrpersonen den Schüler:innen aufgeben können, ergänzen das Spiel also wunderbar. Hier überrascht der Sandbox-Modus als geniales Tool für den Unterricht:

Einstellungen für den Sandbox-Modus und Beispiel eines erfüllten Zieles.
Einstellungen für den Sandbox-Modus und Beispiel eines erfüllten Zieles.

Man kann vor dem Start eines Sandbox-Games spezifische Ziele vorgeben, welche man erfüllen soll. Diese spezifischen Einstellungen kann man als Unterrichtsaufgaben aufgeben. Als Beweis für den Erfolg der Aufgabe kann man dies mit Screenshots dokumentieren.

Stray Fawn Studio hat schon seit Beginn eine sehr aktive Community kultiviert und deren Feedback in die Spielentwicklung einfliessen lassen, besonders von den fachkundigen Fans aus der Genetik und der Tierzucht. Eine Lehrperson, die also eigene Vorschläge an das Spiel für den Unterricht hat, wird sicher auf offene Ohren stossen. Das Spiel wird laufend weiterentwickelt und ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.